Jun 252012
 

Basisdiskurs Religion XIX >>>mehr

Mit meiner Zwischenmeditation habe ichn eine Serie von Posts eröffnet, in denen ich die spirituelle Bedeutung des Monotheismus skizzieren will. Wie bereits ausgeführt, ist sein historischer und begrifflicher Kern die Vorstellung der starken Allmacht, also dass alles, was wir erleben, einem einzigen, unbegrenzt mächtigen Willen entspringt.

Zunächst sollte ich aber noch einmal genau bestimmen, wo ich stehe, worüber ich spreche, wenn ich hier dieses unsäglich vorbelastete Wort „Gott“ verwende

Dreifaltigkeit? Das auch noch …

Im Dunstkreis des Christentums beginnen die Probleme bereits damit, dass Gott als dreifaltig gedacht wirde, als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Der unbegrenzt mächtige Gott des altjüdischen Monotheismus findet sich hier in der Rolle des Vaters wieder. Tatsächlich ist im allgemeinen Sprachgebrauch mit „Gott“ fast immer dieser Vater im Himmel gemeint und nicht etwa eine andere „Person“ der Dreifaltigkeit und auch nicht die Dreifaltigkeit selbst. Auch in der religiösen Sprache ist das so.

Eines der zentralen Elemente des christlichen Religionsausübung ist die Eucharistie, das Herrenmahl oder wie man auch immer dazu sagen will. Dazu wird die sogenannte Einsetzung gesprochen, die an die Handlungen Jesu Christi beim letzten Abendmahl erinnert: „In der Nacht … nahm er das Brot, … [und] erhob die Augen zu Dir, Gott seinem allmächtigen Vater.“ Auch hier wird also „Gott“ auf den Vater angewendet.

Umgekehrt spricht in allen Texten dieser Vater von Jesus Christus ihn zwar als seinen „Sohn“ an, aber nie als  „Gott“ und jeder, der sich einen Rest eines religiösen Sprachgefühls bewahrt hat, würde sich instinktiv gegen eine solche Sprechweise sträuben. Hier ist ein klares Indiz dafür, dass im Bewusstsein der Christen nach wie vor „Gott“ identisch ist mit dem Vater.

Gott? Da steckt doch noch was dahinter …

Trotzdem ist diese Dreifaltigkeit im allgemeinen (Unter-)Bewusstsein unserer Kultur verankert. Und sowohl Anhänger als auch Gegner des Christentums wissen oder vermuten, dass dass jeder Versuch, Gott von irgendeinem bestimmten Punkt aus zu verstehen, letztlich dazu führen soll, dass im weiteren Fortschreiten die Gesamtheit oder zumindest ein großer Teil der christlichen Lehre aus diesem Ansatz heraus integriert und begründet wird. Platt, aber nicht unfair gesagt, würde sich ein solcher Verdacht hier etwa folgendermaßen äußern:

„Eric Djebe tut jetzt zwar so, als als meinte er mit ‚Gott‘ wirklich nur dieses Etwas der Gottesaxiome und des Experiversums. Wir wissen aber genau, dass er in Wirklichkeit verborgene Ziele verfolgt und demnächst alle möglichen anderen Vorstellungen in diesen Begriff hineinstopfen wird. Irgendwann einmal wird er alles an Bord geschmuggelt haben, was er braucht, um diesen ‚Gott‘ genau auf die Linie des Christentums zu bringen.“

„Gottes“-beweise

Wie gesagt, das ist platt, aber nicht unfair. Nicht unfair deshalb, weil das tatsächlich seit Jahrhunderten die Vorgehensweise der Theologen ist. Das beste Beispiel hierfür sind die sogenannten Gottesbeweise. Da wird z.B. angeblich bewiesen, dass es einen ersten unbewegten Beweger gegeben hat, der das Universum in Gang gesetzt hat. Und anschließend wird ohne weitere Begründung so getan, als habe man damit den Gott des Christentums bewiesen. Es wird also in einem ersten Ansatz „Gott“ mit dem abstrakten Begriff eines „unbewegten Bewegers“ identifiziert. Aber dieser etwas luftleere Ansatz wird niemals für sich stehenbleiben, sondern dient immer als eine Art Kleiderständer, an dem auf magische Weise plötzlich all die Begriffe erscheinen, die mit dem christlichen Gott assoziiert werden: Liebe, Gerechtigkeit, irgend eine Art von Allmacht usw. (Ausgenommen von dieser Kritik ist übrigens der faszinierende „Gottesbeweis“ des Anselm von Canterbury)

Gott (Vater?)

Ich selbst habe aber keine Ambitionen, den Gottesbegriff mit leichter Hand zu erweitern, bis alles in ihn hineinpasst, was so in den verschiedenen Glaubenslehren steht. Ich werde bis zuletzt festhalten an diesem Gott der absoluten Allmacht, der Gottesaxiome und des Experiversums. Irgend wann werde ich mich natürlich den anderen Elementen des christlichen Glaubens zuwenden. Aber dafür gibt es eine klare Schwelle, die ich überschreiten muss. Hinter dieser Schwelle treffe ich auf die Person Jesu (Christi), seine historische Persönlichkeit und seine Rolle im christlichen Glauben, auf seine Predigt und seinen Tod.

Dem Christentum hat die Dreifaltigkeit schon so viele Probleme bereitet, hat es schon so oft zerrissen und gespalten und ist in unseren Tagen immer noch der hauptsächliche Reibungspunkt bei der Auseinandersetzung mit dem Judentum und dem Islam. Wir sollten deshalb auch endlich einmal die Vorteile dieser Konstruktion in Anspruch nehmen.

Wenn Gott für uns Vater ist, dann durch Jesus Christus, wenn er für uns Gesetzgeber ist, dann (paradoxer Weise) durch den Heiligen Geist. Es ist gerade die Funktion und die Stärke dieser anderen beiden Personen der Dreifaltigkeit, dass dem Komplex „Gott“ durch sie und nur durch sie Neues hinzu gefügt wird. Es besteht keine Veranlassung, bereits davor an dem Gott des Monotheismus herumzuschrauben, an dem einzigen, allein stehenden, allmächtigen Gott weit jenseits der Ängste und Sehnsüchte der Menschen. Das Neue, das über Jesus von Nazareth hinzu tritt, erhält seine volle Bedeutung nur dann, wenn das Alte dabei seine klare, starke und unvermischte Natur behält. Der Gott bei Jesaias und Hiob, der Gott der Gottesaxiome, ist weder Vater noch Richter, weder Herrscher im Jenseits und Herr des Himmels noch Gegner der Hölle. Es macht für ihn keinen Unterschied, ob er Manna oder Feuer vom Himmel regnen lässt, er kennt seinen Willen und das, was er hervorbringt, er kennt keine Grenze seiner Macht und ganz bestimmt keine in den Vorstellungen der Menschen über ihn. Nenne ihn „Vater“, wenn du willst, das wird keinen Tsunami zurückhalten. Nenne ihn „Moloch“, wenn du willst, das wird ihn nicht daran hindern, dir jeden Tag den neuen Morgen zu zeigen. Nenne ihn „Hirngespinst“, warum nicht, wenn es dir Spaß macht. Du wärest in der Lage, den Abgrund der Welt zu erfassen, in der du lebst, deine Flügel zu spannen in ihrem Schrecken und ihrem Glanz. Aber wenn du dir lieber eine kleine Hütte in diesen Abgrund hinein träumst, wenn du lieber da hinein kriechst und deine kleinen Bilder vom Leben an ihre Wände hängst, bitte sehr. Es ist dein Leben.
Der nächste Post des Basisdiskurses trägt den Titel „Die edlen Wahrheiten des Monotheismus„. Wenn Sie bei seinem Erscheinen benachrichtigt werden wollen, dann holen Sie sich in der rechten Spalte den RSS-Feed oder abonnieren Sie hier den Newsletter.

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  4 Responses to “Mono.Theismus”

  1. Gott als Vater, Hirte, König ist so alt wie die Schrift und sicherlich nicht originär christlich.
    Schon die ältesten erhaltenen und übersetzbaren Schriften sprechen von „dem treuen Hirten der Menschheit“ .. „Gott dem Vater“ usw.
    Das ist eine zutiefst mesopotamische Denkweise.

    • Die christliche Vorstellung von „Gott Vater“ kam über die Evangelien ins Spiel (Anrede Gottes als Abba/Vater). Logik und Inhalt dieser Vorstellung ist sehr komplex. Ob an der einen oder anderen Stelle im Neuen Testament noch mesopotamische Überlieferungsstränge eine Rolle spielen, halte ich persönlich für wenig wahrscheinlich, möchte es aber auch nicht ausschließen.

  2. Wie unterscheidet sich die Anrede des
    – christlichen Gottes im NT als Vater von der
    – mesopotamischen Gottes als Vater

    ?

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